Blasmusik.Digital – unter diesem Motto stößt die BDB-Musikakademie die Türen auf für E-Learning und Online-Bildungsformate und veranstaltet erstmalig eine Online-Blasmusik-Konferenz. Am 5. Juli 2020 werden auf sieben digitalen Bühnen über 15 Top-Experten in Web-Sessions Vorträge und Workshops zu spannenden Themen rund um die Blasmusik halten und sich im Chat den Fragen der Teilnehmer stellen. Das weitgefasste Spektrum reicht von Themen wie Tonqualität und Übetechniken über Programmplanung und Online-Unterricht bis hin zu Steuertipps und bietet Fortbildung sowohl für Musiker und Dirigenten als auch für Instrumentallehrer und Vereinsverantwortliche.

Reif war die Zeit schon lang. In vielen Branchen hat es aber der Corona-Krise bedurft, um den Schritt in die Digitalisierung tatsächlich zu vollziehen. Die Musik ist da keine Ausnahme. Waren es bis vor Kurzem nur wenige Instrumentallehrer, die online Unterricht ergänzend anboten, hat nun gezwungenermaßen das Gros der Instrumentallehrer innerhalb kürzester Zeit auf Unterricht via Skype, Facetime oder Zoom umgestellt. Und wovon man zuvor glaubte, „das geht nicht“, wovor man sich aus Scheu vor den Neuen Medien wehrte, entpuppte sich als machbare und gute Lösung, die sich als Ergänzung und Alternative zum konventionellen Instrumentalunterricht sicherlich auch über die Corona-Zeit hinaus etablieren wird. Was in der 1:1 Situation klappt, funktioniert auch in größeren Zusammenhängen, etliche Berufsgruppen, Branchen und Verbände machen das inzwischen vor. Das Handwerk, der Handel, der Sport und sogar die Feuerwehr kommen mittlerweile bei Online-Konferenzen zum Branchentreff zusammen. Und die Blasmusik zieht nun nach. Corona hat zwar auch hier, wie Bundespressereferent Michael Schönstein weiß, als Beschleuniger fungiert und den nötigen Handlungsdruck erzeugt, letztlich aber nur das hervorgebracht, was schon lange in den Köpfen war: nämlich die Vorstellung von einer BDB-Musikakademie der Zukunft, die E-Learning und Online-Bildungsformate selbstverständlich anbietet. Die technischen Möglichkeiten sind gegeben und wurden punktuell auch schon genutzt. Dann etwa, wenn Christoph Breithack seine Probenmethodik Blasorchester vorstellte und dazu die Kollegen John D. Pasquale und David W. Clemmer via Skype in den Seminarraum zuschaltete. Oder dann, wenn im Sommerkurs Dirigieren Jacob de Haan virtuell anwesend war, um seine Werke zu erläutern. „In der Zukunft wollen wir diese Möglichkeiten noch viel mehr ausschöpfen“, sagt Akademieleiter Christoph Karle und gerät ins Schwärmen angesichts der Bildungsformate, die nun möglich sind. „Da eröffnet sich eine riesen Welt.“ Die Zugänge möchte er dabei so barrierefrei wie möglich halten. Aber das sind sie ja per se. Räumliche Distanz spielt bei einer Online-Konferenz ohnehin keine Rolle. „Theoretisch kann sich in San Francisco jemand den Wecker stellen und sich in die Konferenz einloggen“, meint Karle und Michael Schönstein ergänzt: „Niemand hat Reisekosten, niemand schädigt die Umwelt, um an der Konferenz teilzunehmen“. Gleichwohl die Idee zur Online-Blasmusik-Konferenz ein Resultat der Absagen der diesjährigen BDB-Bildungsfestivals ist und gleichsam aus der Not heraus geboren wurde, wird sie die bewährten und erfolgreichen Bildungsformate der BDB-Musikakademie künftig nicht ersetzen. Im Gegenteil. „Die Online-Konferenz ist eine Ergänzung zu dem, was wir eh schon sehr gut machen“, weiß Michael Schönstein. „Sie bietet uns alternative Weiterbildungskonzepte, eine höhere Flexibilität und damit auch die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erreichen.“

Kick-off für die umfassende Digitalisierungsstrategie der BDB-Musikakademie

Und nicht zuletzt bietet die erste Online-Konferenz im Juli der BDB-Musikakademie die Chance, Erfahrungen rund um die Medienform „Online-Webinar“ im Bereich Bildung zu sammeln und sich an die aktuellen Web-Trends anzupassen, um – so wie es dem Anspruch des innovativen Bildungsprogramms entspricht – am Puls der Zeit zu sein. Deshalb ist noch vor der Premiere klar, dass die Online-Blasmusik- Konferenz keine Eintagsfliege sein wird, sondern der Kick-off zur Umsetzung der umfassenden Digitalisierungsstrategie der BDB-Musikakademie. „Die Musik eignet sich total gut für das neue Medium Online-Konferenz“, ist sich Michael Schönstein sicher. Im Bereich Online-Unterricht hat sich das bereits bestätigt. „Der Blick durch den Bildschirm schafft eine neue Perspektive, einen neuen Blickwinkel – das bricht die Routine auf und hilft, wichtige Aspekte neu zu fokussieren“. Was für das Online-Unterrichten gilt, besitzt auch für andere Online-Formate Gültigkeit. Denn, bringt es Michael Schönstein auf den Punkt, „der Reiz des Neuen hat Stärke“. Und das umso mehr, als die Dozenten der Online-Blasmusik- Konferenz, in der IT-Sprache Speaker genannt, der Maxime der BDB-Musikakademie „Spitze für die Breite“ folgen und die Chance bieten, von den Besten zu lernen. Werden doch auf sieben virtuellen Bühnen so hochkarätige Instrumentalisten als Speaker präsent sein und sich darauf freuen, ihr Können und Wissen an die zugeschalteten Teilnehmer weiterzugeben. Christoph Moschberger wird die (Un-) Tiefen des Trompetenspiels ausloten, Alexander Wurz die Basics in den Blick nehmen und Einblicke in seine täglichen Übeeinheiten zur Verbesserung von Ansatz, Ton, Höhe und Ausdauer geben, Prof. Kilian Herold das Geheimnis eines schönen Klarinettentons ergründen, Simon Hanrath und Rudolf Döbler sich des richtigen Übens annehmen und Peter Arnold erläutern, warum Hornspielen ein Leistungssport ist. Arno Pfunder wird die ungewohnte Rhythmik lateinamerikanischer Musik vermitteln. Darüber hinaus werden ausgewiesene Fachexperten wie Prof. Clemens Pustejovsky und Frank Scheele zu brandaktuellen rechtlichen und steuerrechtlichen Themen Stellung nehmen und drängende Fragen von Vereinsverantwortlichen etwa zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Online-Unterricht oder zum Steuerrecht in der Corona-Hilfe beantworten. Auch für Dirigenten und Instrumentallehrer werden spannende Themen geboten. So wird Prof. Alex Schillings in seinem Vortrag auf die Kunst der Programmgestaltung eingehen, Christoph Breithack seine Probenmethodik Geführtes Hören vorstellen und Daniel Forsnabba Technik, Tools und Methodik des Online-Unterrichtens darstellen. Nicht zu kurz kommen wird außerdem ein Thema, das in den Programmen der Bildungsfestivals aus gutem Grund fest verankert ist: die Körperarbeit. „Körperarbeit ist ein wichtiger Baustein für die Optimierung des Instrumentalspiels“, findet Maike Lenz- Scheele. „Denn nur wenn die Körperintelligenz geweckt, der Körper entspannt und mit der Psyche im Einklang ist, kann die Energie fließen und sich das persönliche Potenzial für die eigentliche Hauptaufgabe ungehindert entfalten.“ Ihrer Erfahrung nach ist die Alexander-Technik besonders dazu geeignet, Musikern zu mehr Leichtigkeit und Freiheit beim Musizieren und allen Bereichen des Lebens zu verhelfen. Mit klaren mentalen Anweisungen unterstützt Maike Lenz-Scheele dabei, alte Gewohnheiten und Blockaden im Denken, Fühlen und Tun zu lösen und ihre ursprüngliche Koordination wiederzugewinnen. „Diese visuelle und mentale Vorgehensweise funktioniert hervorragend mit Videotools und Onlineformaten“, weiß sie. Thematisch abgerundet wird das Konferenz-Programm mit einem Thema für Vereinsverantwortliche. Bei dem renommierten SWRReporter und Moderator Günther Laubis können sie sich fit machen für ihre nächste Konzertmoderation und angefangen von der Recherche und der Suche nach dem roten Faden bis hin zum Auftreten und der Bühnenpräsenz alles lernen, was eine gute Moderation ausmacht. „Für unsere ganze Zielgruppe ist etwas dabei: Dirigenten, Instrumentallehrer, Vereinsverantwortliche und Musiker – alle finden sich im Programm wieder und spannende Themen für ihr Interesse“, ist sich auch Bundesmusikdirektor Siegfried Rappenecker sicher. Berührungsängste mit der digitalen Technik fürchten die Organisatoren nicht. „Das hat sich mit Corona erledigt. Das muss jetzt gehen.“ Außerdem, so glaubt Michael Schönstein, kommt der Blasmusik „ihre ziemlich einmalige Altersstruktur“ zugute. „Für die unter 30-Jährigen ist es völlig normal, sich im Internet, bei YouTube und Co. Hilfe und Beratung bei allen möglichen Themen zu holen und im sozialen Gefüge des Musikvereins ziehen die Jungen die älteren Musiker mit – das ist der Riesenvorteil der Blasmusik.“ Und dass die Blasmusik auch digital kann, daran wird die Online-Blasmusik-Konferenz im Juli keinen Zweifel lassen.

(Autorin: Martina Faller | Erschienen in der Zeitschrift “blasmusik” – Ausgabe Juni 2020 – Seiten 9 & 11)