Sigmar Fischer ist Geschäftsführer und Chef in der Metallwerkstatt bei Musik Gillhaus GmbH in Freiburg. Der Instrumentenmacher hat eine besondere Vorliebe für individuelle Spezialumbauten, besonders schlägt sein Herz aber für Posaunen. Ich spreche mit ihm über ergonomische Tricks, mechanische Experimente und ganz besondere Momente der Wertschätzung.

Du bist seit mehr als zwei Jahrzehnten als Instrumentenmacher tätig.
Wann und wie hast du mit deinen Umbau-Projekten angefangen?

Angefangen hat alles mit kleineren Experimenten, zusammen mit Musikern vom Südwestrundfunk und des Theater Freiburg. Da ging es darum, gute Posaunen noch besser zu machen (grinst). Das ist generell Ziel meiner Arbeit. Die Instrumente sollen besser „losgehen“, satt klingen und trotzdem in den höheren Lagen einfach anzuspielen sein. Nicht zuletzt muss es außerdem Spaß machen, sie zu spielen. Mein Umbau den Musiker*innen helfen, ihren Dienst noch unbeschwerter ausüben zu können.

Was macht dir besonders Spaß?

Besonders mag ich es, ausgehend von Posaunen-Schallstücken von Bach, Yamaha oder Conn, komplett neue Posaunen aufzubauen. Die Schallstücke kommen dabei meistens von älteren, ausrangierten Stücken. Wenn ich dann ein neues Umbauprojekt angehe wird zuerst das Schallstück auseinander gelötet und die Ventile ausgebaut, die ich durch Neue ersetze. Dafür verwende ich am liebsten die „Openflow-Ventile“ aber auch die „Lätzsch-Ventile“ finde ich gut.

Und um dieses Kernstück konstruiere ich später die Posaune drum herum. Maßstab ist, dass die Posaune optisch und klanglich mir selbst gefällt, denn dann gefällt sie meistens auch meiner Kundschaft. Am Ende trenne ich mich wieder vom Instrument und verkaufe es. Der Kunde oder die Kundin bekommt so ein günstigeres aber hochwertiges Einzelstück, zum Beispiel eine Bassposaune, die zwar klingt wie z.B. eine Bach aber doch anders ist.

Welchen Background haben die Kund*Innen die solche Spezialanfertigungen in Auftrag geben?

Das sind häufig Profis, aber ab und zu auch Amateurmusiker*Innen.

Baust du denn auch andere Instrumente um, oder ausschließlich Posaunen?

Ich bin ja selbst Posaunist deshalb gefällt mir die Arbeit am eigenen Instrument natürlich am besten. Da weiß ich eben auch besonders gut, worauf es ankommt. Natürlich baue ich aber auch Tuben um, da geht es dann oft um Mundrohre und mechanische Sachen, aber auch klangliche Experimente. Ich habe auch schon sehr alte „Liebhaberstücke“ wieder zu orchestertauglichen Instrumenten gemacht. Ein weiteres Thema sind ergonomische Anpassungen, denn Viele verspannen sich beim Spielen und bekommen Rückenprobleme. Ich habe aber auch schon altersbedingt Trompeten umgebaut oder nach Schlaganfällen. Da fällt dann oft das Balancieren des Instruments, etwa mit nur einer Hand, schwer. In solchen Fällen ist es mir sehr wichtig, dass das Instrument am Ende nicht aussieht wie ein „Instrument für Behinderte“. In einem Fall hat mein Kunde ein Jahr lang auf einem Prototyp gespielt und danach haben wir die Erfahrungen, die wir daraus ziehen konnten genutzt um sie auf ein neues professionelles Instrument zu übertragen, dem man nicht ansieht, dass es umgebaut wurde.

Spannend finde ich auch die Arbeit an historischen Instrumenten, denn die historische Aufführungspraxis hat sich sehr gewandelt. Heute wollen viele Musiker*innen Originalinstrumente verwenden die oft nicht mehr ganz den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts entsprechen. Zuletzt habe ich eine Trompete aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert wieder spielfertig gemacht. Dabei schaue ich immer, dass ich so viel wie möglich von der Originalsubstanz erhalte.

Spaßeshalber mache ich auch gerne mal ein Materialexperiment. Zum Beispiel habe ich schon eine Art Antik-Optik auf der Oberfläche erzeugt, indem ich die Trompete kurz in den Backofen gesteckt habe. Für solche Sachen gilt immer: „Don’t try this at home!“

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Dann hätte ich noch eine Frage zum Entstehungsprozess. Hast du von Anfang an eine Idee im Kopf wie es am Ende klingen soll oder wie gehst du an eine solche Aufgabe heran?

Das ist schwer zu beschreiben. Die Ideen entstehen eigentlich im Prozess und durch das jeweilige Instrument selbst. Wenn ich eine Posaune vor mir liegen habe weiß ich dann einfach was zu tun ist. Das ist bei jedem Instrument anders und ist eine Sache von Gefühl und Erfahrung. Dann sind es oft technische Herausforderungen die auch vom Hersteller abhängen. Bei einer Bach muss ich ganz anders vorgehen als bei einer Conn.

Und was machst du wenn etwas mal nicht klappt?

Fluchen! (lacht) Aber es gibt bei mir wenig bei dem ich sage, das geht nicht. Das ist auch das Erbe von Hans Gillhaus, meinem Lehrmeister und dem Gründer der Firma Musik Gillhaus. Zusammen mit ihm habe ich früher bis tief in der Nacht an Projekten getüftelt, bei denen manch Einer längst aufgegeben hätte. Fast immer klingt es am Ende so wie ich es mir vorgestellt hatte. Und wenn es wirklich nicht geht, bricht man den Versuch eben ab.

Welche Reaktionen bekommst du denn von Kund*innen wenn sie das alte Instrument dann in neuem Glanz und Klang in der Hand halten?

Interessanterweise loben die Allerwenigsten. Ich glaube das ist ein bisschen so wie wenn man einen Schnupfen hat, der behandelt wird. Man ärgert sich darüber, aber dass er langsam wieder weggeht merkt man kaum. Man fühlt sich dann einfach wieder gut. Manchmal bekomme ich aber auch Lob und die größte Anerkennung ist es für mich sowieso, wenn die Kund*innen wiederkommen. Außerdem höre ich die Leute in den Vereinen, im Jazzhaus oder im Radio spielen, da freue ich mich dann und hoffe, dass die Wasserklappe nicht abfällt (lacht herzlich).

Wichtig ist mir aber noch Eins, und das gilt auch für meinen Kollegen Johannes Radeke: Zwar kommen zu uns viele bekannte Musiker*innen aber jede Kundin, jeder Kunde und jedes Instrument werden von uns gleichermaßen ernst genommen. Selbstverständlich gehe ich an das Instrument eines Berufsmusikers anders heran als an das eines Guggenmusikers. Da gibt es natürlich von Kundenseite unterschiedliche Ansprüche.

Gibt es denn eine Idee die du gerne noch realisieren würdest und was wünscht du dir für die Zukunft?

Wie es in Zukunft weitergehen soll? Für mich ist das wie Alles im Leben. Wenn ich dann mal Posaunenzüge in Serie baue wird es nach dem dritten ein bisschen langweilig. Und dann bin ich froh, wenn ich mal wieder eine „normale“ Reparatur habe. Ich wünsche mir also, dass es weiterhin so abwechslungsreich bleibt.

Und wenn die Corona-Beschränkungen nochmal maßgeblich gelockert werden, möchte ich in meiner Werkstatt anfangen Pflegeseminare für Instrumentalist*Innen anzubieten. Da darf man dann auch mal das eigene Instrument komplett zerlegen und reinigen.