Vermutlich ist die Idee, mit dem eigenen Körper Klänge zu erzeugen, schon so alt wie die Menschheit selbst. Durch Schlagen, Kratzen, Stampfen und ähnliches Rhythmen hervorzubringen, hat sich in allen Kulturen der Welt in den unterschiedlichsten Formen entwickelt. Der Schlagzeuger und Percussionist Arno Pfunder hat jetzt mit „RhythMiXXX – Bodypercussion für alle“ ein leicht verständliches Lehrbuch daraus gemacht. In spielerischer Weise schafft er so Zugang in die Welt des Rhythmus und vermittelt elementares Wissen so, das dass Lernen auch noch Spaß macht.

Arno Pfunder gehört zu den Menschen, die mit jener ansteckend guten Laune gesegnet sind, die man üblicherweise Rheinländern nachsagt. Spricht er dann noch über seine Bodypercussion-Schule, kann man sich seiner Begeisterung für die Sache kaum entziehen. Hier hat jemand seine Berufung gefunden und versucht, möglichst viele daran teilhaben zu lassen. Er nennt sich selbst einen „Rhythmaholic“, womit alles über seine Liebe zum Rhythmus gesagt sein dürfte. Da er als Dozent für Rhythmik und als Schlagzeuglehrer permanent damit zu tun hat, seinen Schülern den richtigen Beat näher zu bringen, war es für ihn naheliegend, seine im Unterricht erfolgreich angewendete Methode der „Bodypercussion“ auch mal als allgemein verständliches Lehrbuch herauszubringen. Dabei geht es um die Vermittlung von Rhythmus mittels des eigenen Körpers. Dazu gehören das Stampfen mit den Füßen, in die Hände klatschen, mit den Fingern schnippen, mit den Händen auf Brust oder Beine zu klopfen oder sie aneinander zu reiben sowie die Stimme zu benutzen. Das größte Problem bei dem Projekt war es dann eine verständliche Form zu finden, in der man die unterschiedlichen Rhythmen und zu benutzenden Körperteile „notieren“ kann. Denn aus seinem Unterricht wusste er „ … auf Noten haben die meisten keine Lust oder haben sogar Angst davor. Das haben sie schon mal bei der großen Schwester mitgekriegt, wenn die ein Instrument lernt, und fanden es kompliziert. Ich musste eine Form finden, ohne Noten zu benutzen.“ Also hat er erst mal mit einem Grafiker Piktogramme entwickelt, die zeigen, was gemacht werden soll und wo. Zum Beispiel: eine Hand in einem grünen Kreis, an dem rechts ein kleiner Punkt ist. Das bedeutet, man soll sich mit der rechten flachen Hand auf die Brust schlagen. Ein kleiner Punkt links neben dem grünen Kreis bedeutet dementsprechend die linke Hand zu nehmen. So kann jeder schnell erfassen, was er machen soll. Um das Ganze jetzt noch in ein rhythmisches Konzept zu bringen, sind die einzelnen Elemente in Kästchen über- und nebeneinander angeordnet. Was übereinander steht, wird gleichzeitig gemacht, und die Horizontale gibt den zeitlichen Verlauf wieder.

Bis daraus dann ein Lehrbuch wurde, brauchte es allerdings noch einen kleinen Anstoß von außen: „Der letzte Anstoß war die Kooperation mit der BDB-Musikakademie, wo es darum ging Bodypercussion ohne Noten und Schrift, und unabhängig von Sprache und Nationalität zu erklären.“

Bodypercussion in der Praxis

Nach einigen Testläufen entstand dann „RhythMiXXX – Bodypercussion für alle“. Mit den beschriebenen Zeichen und der so gefunden Notation ist es Arno Pfunder gelungen, komplizierte Rhythmen einfach darzustellen und vor allem auch für Kinder und Jugendliche begreifbar und erlebbar zu machen. Erfolge stellten sich schnell ein, vor allem auch bei seinen Dirigentenlehrgängen an der BDB-Musikakademie in Staufen. „Wenn du eine knifflige Stelle im Orchester hast, kannst du als Dirigent eine kleine Übung dazwischen schieben, um den Rhythmus zu klären. Also im C3-Kurs sieht das dann so aus: Die Teilnehmer bereiten ihre Partitur vor und sehen dann schon, dass hier eine Verschiebung oder ein Taktwechsel vorliegt. Das kann ich jetzt mit Bodypercussion so vorbereiten, dass das Orchester weiß, was da passiert.“

Aber Bodypercussion funktioniert nicht nur bei der musikalischen Vermittlung von Rhythmen. Auch für den Unterrichtsbeginn an Schulen eignen sich die im Lehrheft angegebenen rhythmischen Übungen. Hier können sie als eine Art Aktivierung genutzt werden. Gemeinsames Lernen wird einfacher, wenn man die Schüler aus ihren verschiedenen „Geschwindigkeiten“ abholt, um dann in einem gemeinsamen Tempo an die Arbeit zu gehen. Dazu ist Bodypercussion eine einfache, preiswerte und relativ unkomplizierte Methode, zumal gemeinsames Musizieren auch ein gutes Gemeinschaftsgefühl schafft. „Das Gleiche funktioniert ja auch im Orchester. Man setzt sich zusammen hin und will zusammen Musik machen, zwischen 25 und 65 Leuten, die alle aus einer unterschiedlichen Lebens- oder Tagessituation dort eintreffen. Und die setzen sich dann da hin und sollen alle im gleichen Tempo zusammen ein Stück spielen. Sich da mal auf eine Geschwindigkeit einzunorden, dazu kann man Bodypercussion nutzen.“

In seinem Lehrbuch werden die einzelnen Spielstücke schrittweise aufgebaut und langsam anspruchsvoller, von einfachen „Fuß-Klatsch“-Übungen im 4/4-Takt bis hin zur Kombination aus verschiedenen Sounds und komplizierteren Rhythmen. Das Gute an den Übungen ist, dass man keine Geräte braucht, und sie sowohl alleine als auch in einer oder mehreren Gruppen machen kann. Sogar Mehrstimmigkeit lässt sich einfach mit der „RhythMiXXX-Notation“ darstellen. Gerade das gegeneinander „Beaten“ kommt, laut Arno Pfunder, bei Schülern immer gut an. „Die probieren dann, immer besser zu sein als die andere Gruppe oder die Rhythmen schneller umzusetzen. Das ist immer so eine Art „Beat-Wettkampf“, so ein bisschen wie früher im HipHop beim Beatboxen.“ Eine weitere praktische Anwendung ist das Erlernen komplizierterer Rhythmen, unabhängig vom Instrument. Anstatt eine schwierige Rhythmusstelle direkt mit der Melodie zu üben, kann man mit Hilfe der Bodypercussion erstmal versuchen, den Rhythmus zu verstehen und überträgt ihn dann im zweiten Schritt auf sein Instrument. „Ich hab‘ mich immer wieder mit Musikern über ihren Unterricht unterhalten und immer wieder gehört, dass Rhythmus und Melodie nie getrennt voneinander beleuchtet werden. Die Figuren, die zu spielen sind, werden rhythmisch immer komplexer. Und das wird alles mit der zu spielenden Melodie zusammen abgehandelt. Oder beim Spiel vom Blatt: 80 Prozent von dem, was beim ersten Spielen falsch läuft, ist der Rhythmus.“ Daher plant Pfunder auch weitere Ergänzungen seiner Rhythmusschule, die in einzelnen Kapiteln gezielt auf unterschiedliche Instrumente eingehen. Was aber bei aller Wissensvermittlung nicht verloren gehen darf, ist für ihn die Freude und der Spaß am Musikmachen. Wenn man ihn bei solchen Sätzen anschaut, kann man sich genau vorstellen, wie er mit einem breiten Grinsen stampfend, klatschend und schnippend vor seinen Kursteilnehmern „rumturnt“ und einfach nur gute Laune verbreitet. Wer schon erste Erfahrungen mit „RhythMiXXX“ gesammelt hat und die Möglichkeit dazu hat, sollte ihn mal für einen Kurs oder ein paar Stunden buchen, denn … „erst wenn man mich mal dabei erlebt hat, wie ich die Übungen vormache, versteht man wirklich, was ich damit meine und erreichen will.“ Das können sie ihm wirklich glauben! Rheinländerehrenwort!

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(Autor: Matz Kastning | Erschienen in der Zeitschrift „blasmusik“ – Ausgabe Februar 2018 – Seiten 18 & 19)